Heimatverein Schildesche

An jedem ersten Samstag im Monat

Führung durch den historischen Ortskern

Treffpunkt Portal Stiftskirche, 11:30 Uhr

Kostenbeitrag 5 .- €,

Dauer ca. 1,5 Stunden  

Anmeldungen sind nicht erforderlich.

Im Jahre 1807 wird Schildesche nun definitiv "französisch".
Im Jahre 1807, wo der Krieg Preußens und Russlands mit Frankreich noch fortdauerte, und beinahe alle Staaten unsers Königreichs im Besitze des Feindes waren, standen wir unter dem Militair-Gouverneur, General Gobert, zu Minden.

Im Juli verbreitete sich die Nachricht: Preußen habe mit Frankreich Frieden gemacht und wir würden Preußisch bleiben. Die Freude hierüber war groß, war allgemein. An einem bestimmten Tage erschallte das Lied: "Nun danket alle Gott etc.pp." unter Music von unserm Thurm.
Des Nachmittags versammelten sich die Einwohner in und vor dem Fischerschen Hause am Kirchhofe; es wurde abermals ein Gesang gesungen; alles war sehr vergnügt; es wurde die ganze Nacht gejubelt. Aber nur wenige Tage nachher kam die Hiobs-Post: Preußen habe mit Frankreich zwar Frieden gemacht, aber alle seine Provinzen diesseits der Elbe an dasselbe abgetreten. Nun verbreitete sich eine allgemeine Betrübniß, welche noch dadurch erhöht wurde, als unser geliebte Landesherr die Abtretung unsers Vaterlandes de dato Memel den 24ten Julius 1807 in der Kirche bekannt machen ließ.

Proklamation an die Bewohner der Provinzen und Gebiete:
Altmark jenseits der Elbe, Cotbus, Magdeburg jenseits der Elbe, und Mansfeld, Bayreuth, Hildesheim und Goslar, Paderborn, Halberstadt und Wernigerode, Münster, Minden, Ostfriesland, Eichsfeld, Erfurt, Quedlingburg, Grafschaft Mark, Essen, Elten und Verden, Ravensberg, Hohenstein, Teklenburg, Lingen, Mühlhausen, Nordhausen, Treffurt etc. Blankenheim, der Stadt Danzig, und des abzutretenden Theils von dem Culmischen Gebiet.

Ihr kennt, geliebte Bewohner treuer Provinzen, Gebiete und Städte, Meine Gesinnungen und die Begebenheiten des lezten Jahres! Meine Waffen erlagen dem Unglück, die Anstrengungen des lezten Restes Meiner Armee waren vergebens. Zurückgedrängt an die äußerste Grenze des Reiches, und nachdem Mein mächtiger Bundes-Genoße selbst zu Waffenstillstand und Frieden sich genötigt gefühlt, blieb Mir nichts übrig, als dem Lande Ruhe nach der Noth des Krieges zu wünschen. Der Friede musste so, wie ihn die Umstände vorschrieben, abgeschlossen werden! Er legte Mir und Meinem Hause, er legte dem Lande selbst die schmerzlichsten Opfer auf; Was Jahrhunderte und biedere Vorfahren, was Verträge, was Liebe und Vertrauen verbunden hatten, musste getrennt werden. Meine und der Meinigen Bemühungen waren fruchtlos!

Das Schicksal gebiete, der Vater scheidet von seinen Kindern! Ich entlaße euch aller Unterthanen-Pflicht gegen Mich und mein Haus. Unsere heißesten Wünsche für euer Wohl begleiten euch zu euern neuen Landes-Herrn; seid Ihm, was Ihr Mir waret. Euer Andenken kann kein Schicksal, keine Macht aus Meinem und der Meinigen Herzen vertilgen!

Memel, den 24ten Julius 1807.
Friedrich Wilhelm.

Mittelst eines Kaiserlichen Decrets, gegeben im kaiserlichen Pallaste der Tuilerien zu Paris am 18ten August 1807 wurde das Königreich Westphalen geschaffen und vom 1ten September an einige Staatsräthe mit der Verwaltung des Landes beauftragt. Am 1ten October desselben Jahrs nahm der neue König Hieronymus Napoléon von seinen Staaten Besitz.

Im Anfange des Jahrs starb der bisherige Untervogt Steffen im hohen Alter.

Der Cantor Baumann wurde wegen seines unordentlichen Betragens abgesetzt, und es kam an dessen Stelle der bisher am Gymnasium zu Herford gestandene Conrector Ernst August Brune, welcher Pfingsten sein neues Amt antrat.

Mit einer Proklamation von 1807 "entlässt" der preußische König – wie viele andere Untertanen auch - die Schildescher aus der Pflicht ihm gegenüber. Das Königreich Westphalen entsteht und ein neuer Kantor wird berufen.

Die Abschrift erfolgte getreu dem Original.